Erneuerbare Energien

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Windkraft Rapsfeld Boden Wasserkraft Holz Holz

Wein, Wind und ein gesunder Gemeindeetat

 Familienvater mit Sinn für eine nachhaltige Energieversorgung: Markus Conrad, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Wörrstadt. Familienvater mit Sinn für eine nachhaltige Energieversorgung: Markus Conrad, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Wörrstadt.

Die Verbandsgemeinde Wörrstadt geht beim Ausbau der erneuerbaren Energien voran und profitiert auf vielfältige Weise. 

Mehr als 860.000 Solarstromanlagen gibt es in Deutschland, knapp 22.000 Windräder, etwa 4.500 Biogasanlagen. Eines haben alle gemeinsam: Sie produzieren die Energie nicht gebündelt an wenigen Standorten, sondern dezentral, in jeder Kommune, jeder Region. Auf Häuserdächern, freien Flächen oder im Wald. Sie bringen saubere Energie – und Geld: 6,8 Milliarden Euro, eine stolze Zahl, sind an Wertschöpfung 2010 laut einer Studie des Berliner Instituts für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) durch erneuerbare Energien in den Kommunen erwirtschaftet worden. Investitionen, Umsätze, Einkommen, Steuer- und Pachtzahlungen. Wer wenig tut, bekommt wenig von diesem Kuchen. Wer sich engagiert, sehr viel mehr. »Ich würde jedem raten, sich unbedingt mit dem Thema zu beschäftigen«, sagt Markus Conrad, Bürgermeister der rheinhessischen Verbandsgemeinde (VG) Wörrstadt. »Aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen.« Der 38-jährige CDU-Politiker kann von den positiven Effekten von Wind-, Solar und Bioenergie ausführlich berichten – und tut das auch: »Ich bekomme viele Anfragen. Fukushima hat einen riesigen Schub in das Thema gebracht.« Seine fast 30.000 Einwohner große Verbandsgemeinde wird 2012 mehr Strom durch erneuerbare Energien produzieren als ihre Betriebe und Privathaushalte jährlich verbrauchen – rund 85 Millionen Kilowattstunden.

Gemeinsam mit der juwi-Gruppe, die ihren Firmensitz im Juli 2008 von Mainz nach Wörrstadt verlegte, hat Conrad seit 2007 Tempo gemacht: »Die Gremien waren von den Ansiedlungsplänen sehr schnell begeistert – inklusive der Referenzanlagen, die juwi plante.« Man war sich einig: Bis 2017 sollte der Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen. Auch die Bürger standen dem Ziel off en gegenüber, erwarben und installierten eine Solarstromanlage auf dem Rathaus. Die Verwaltung wiederum schuf die Voraussetzungen für den Bau eines 5,6-MWSolarparks und des Windparks Wörrstadt, der von fünf auf 14 Mühlen anwuchs. In Kürze werden es sogar 21 Anlagen sein. Das 100%-Ziel erreicht Wörrstadt so schon fünf Jahre früher als geplant.

Wörrstadt profitiert. Beispiel Gewerbesteuer: »Der Firmensitz von juwi bringt Gewerbesteuer-Einnahmen im Millionenbereich. Ohne die wären wir nicht ganz so gut durch die Wirtschaftskrise gekommen«, sagt Conrad. Sind die Windräder abgeschrieben, spülen auch sie jährlich fünfstellige Beträge in die Gemeindekassen.

Beispiel Pachtzahlungen: Allein für die Wegenutzung kassiert eine Gemeinde pro installiertem Megawatt jährlich vierstellige Summen. Selbst dann, wenn die Anlagen auf Privatgrundstücken stehen, profitieren die Kämmerer. Conrad: »Das hilft einer Ortsgemeinde, ihre Aufgaben zu erfüllen und den Haushalt im Griff zu haben.«

Beispiel Tourismus: Allein den Firmensitz von juwi haben im zur Neige gehenden Jahr rund 8.000 Gäste aus aller Welt besucht. »Eine Riesenchance für uns«, sagt Conrad. »Denn wenn sie schon mal hier sind, lernen sie darüber auch unser Hauptprodukt kennen – den Wein.« Dieser Imagegewinn sei ein wichtiger Wirtschaftswert: »Andere Unternehmen werden auf Wörrstadt aufmerksam und registrieren, dass wir schnell und effektiv sind, wenn’s um Ansiedlungen geht.«

Beispiel Unabhängigkeit: 2010 hat die Verbandsgemeinde Stromlieferverträge mit Stromkosten in Höhe von rund 800.000 Euro neu ausgeschrieben. Einige Liegenschaften, unter anderem ein Freibad, beziehen den Strom nun direkt aus dem Windpark Wörrstadt. Conrad: »Damit sind wir Deutschlands erste Kommune mit Direktbezug von Windstrom vor Ort.« Seit September können auch Privatkunden aus den Ortsgemeinden Schornsheim und Gabsheim Strom direkt aus dem Windpark beziehen.

Zur Nachahmung empfohlen: Geld bleibt in der Gemeinde

Auf Bundesebene hat die Energiewende erst begonnen, in Wörrstadt geht sie weiter: Die Verbandsgemeinde hat den Kauf eines eigenen Windrades für die direkte Versorgung ihrer Liegenschaften und Anlagen beschlossen. So bleiben neben Pacht und Steuern auch die Erträge in der Gemeinde. Ein eigener Betriebszweig der VG-Werke wurde hierfür bereits gegründet. Darüber hinaus prüft die Verwaltung aus Anlass der Neuvergabe von Konzessionsverträgen eine Rekommunalisierung der Netze sowie die Gründung einer Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR). Hier sollen die Netze, die Energieversorgung, das Freibad, die Straßenbeleuchtung und das Ausgleichsflächenmanagement gebündelt werden. Zudem stellt die Kommune auf der Grundlage eines Klimaschutzkonzeptes einen Energieberater ein, der die Effizienz in öffentlichen, gewerblichen und privaten Gebäuden verbessern soll. »Ich war vor zehn Jahren bei den Windrädern auch skeptisch«, bekennt Markus Conrad. »Aber wir haben uns weiterentwickelt und erkannt, dass wir diese Energieerzeugung brauchen.« Die Energiewende hatte Wörrstadt bereits 2007, vier Jahre vor Fukushima, eingeleitet. Und erntet jetzt reife Früchte, zusätzlich zum Wein.

Quelle: juwinews - Ausgabe Dezember 2011